12. März 2010, Neue Zürcher Zeitung
Tatort Fondue-Stübli
«Fondue Oper» im Theater am Hechtplatz

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Anne Suter ⋅ Die seit zehn Jahren in der Schweiz lebende Kochbuchautorin Astrid könnte glatt für eine Schweizerin durchgehen – wäre da nicht dieser klitzekleine Akzent in ihrem Schweizerdeutsch, der sie sofort als Deutsche entlarvt. Auch wenn sie mehrmals beteuert, sie verstehe problemlos Dialekt und man solle doch bitte ungeniert so mit ihr sprechen, bleibt der Lehrer Urs eisern bei der Standardsprache. Die beiden lernen sich in einem Restaurant kennen, wo Astrid beim Bestellen eines Fondues erfährt, dass das Schweizer Traditionsgericht erst ab zwei Personen serviert werde; kurzentschlossen setzt sich Urs an ihren Tisch und isst mit. Die beiden kommen sich rasch näher, obwohl der bodenständige Schweizer jedes Mal zusammenzuckt, wenn die intellektuelle Deutsche durchaus gutgemeinte Sätze sagt wie: «Ich lebe in der Schweiz, weil es mir hier gefällt: die Sprache, die Langsamkeit, das leicht Verschrobene.»

«Fondue Oper» heisst das Projekt des Autors Guy Krneta und des Komponisten Till Löffler, das sich um die schwierige Beziehung zwischen Deutschschweizern und Deutschen dreht und zurzeit im Theater am Hechtplatz zu sehen ist. Der Titel ist keine leere Phrase: In dieser «Fondue Oper» (Regie: Ursina Greuel) wird tatsächlich gesungen, und zwar ganz schön opernhaft. Wenn Yvonne, die Serviertochter, in Rezitativ-Manier «Händ Si scho chönne bschtelle?» fragt, so ist das zum Totlachen. Und Urs wiederholt bei jeder neuen Begegnung mit sonorstem Bass und im Stil von Richard Wagner sein «Ich bin Urs»; da spürt man genau, dass an diesem Schweizer im Zweifelsfall kein Vorbeikommen ist.

Und es dauert denn auch nicht lange, bis sich die Fronten zwischen Schweizern und Deutschen verhärten. Der Streit gipfelt in der Frage, ob französische Wörter auf der ersten oder der letzten Silbe betont werden. Den Höhe punkt der Aufführung bildet das Lied, in dem die Sängerinnen und Sänger einander Wörter wie Fondue, Caquelon, Rechaud und Fendant buchstäblich um die Ohren hauen. – «Fondue Oper» bietet 85 Minuten beste Unterhaltung zu einem Thema, das heute aktueller ist denn je.

Zürich, Theater am Hechtplatz, bis 13. März.